Bewerbungsmythen – welche stimmen wirklich?
Immer wieder, wenn wir einen neuen Job suchen, begegnen uns unzählige Bewerbungsmythen. Doch welche davon stimmen wirklich? Welche sind vielleicht nur halb wahr, welche veraltet und welche Mythen sind einfach falsch?
Nach jahrelanger Erfahrung mit unseren Coachees wissen wir vor allem eins: Wir bewerben uns in der Regel zu selten, um es wirklich gut zu machen, aber es ist zu wichtig, um es schlecht zu machen. Deswegen setzen wir uns heute einmal mit 7 klassischen Bewerbungsmythen auseinander und analysieren, was daran wahr ist und was eben nicht.
Bewerbungsmythos 1: Partybilder zerstören deine Karriere vs. Soziale Medien sind egal
Fangen wir also mit dem Klassiker an. Ohne zusätzliche Erläuterung sind beide Sätze erstmal falsch. Social Media ist sowohl im positiven als auch im negativen Sinne relevant. Widmen wir uns erstmal dem Glauben, dass Partybilder die Karrierechancen zerstören.
Klar, Personaler können dich in sozialen Medien suchen und das tun sie auch oft, aber eben nicht immer. Das ist also der erste Punkt. Vielleicht überzeugst du sofort und sie suchen gar nicht mehr nach deinem Profil. Vor allem sei aber gesagt: Es geht um deinen Gesamteindruck. Niemand hat etwas gegen dein Privatleben!
Und wenn die Personaler dann Bilder von dir finden bei einem Geburtstag oder einer Hochzeit mit einem Glas in der Hand oder vom letzten Urlaub mit einem Cocktail am Strand, dann ist das völlig in Ordnung. Selbst ein Bikinibild muss nicht zwangsläufig negativ auffallen, solange es in den Rahmen passt und nicht überhandnimmt. Findet man aber zum Beispiel ein Video von dir, wie du dich beim letzten Karneval komplett mit Bier überschütten lässt, dann wirkt das natürlich direkt anders.
Obwohl du im Vorstellungsgespräch nicht nach deinen politischen Ansichten gefragt werden darfst, können sich Personaler online ein Bild machen. Auch hier entscheidet wieder das Maß der Dinge. Wenn du einen Post der Grünen, der FDP oder anderen Parteien ohne extreme Ansichten teilst, oder dich für die Aufnahme von Flüchtlingen aussprichst, wird das niemanden stören.
Findet man aber immer wieder radikale Ansichten auf deinem Profil, die gegen moralische und ethische Werte sprechen, dann sieht es schlecht für dich aus. Auch Hetz- oder Hasskommentare im Netz sehen Arbeitgeber sehr ungern. Ein weiteres K.O. Kriterium kann sein, wenn du im Lebenslauf Angaben gemacht hast, die widersprüchlich zu deinem Onlineprofil sind oder sich dadurch sogar widerlegen lassen. Also: Aufpassen und einfach mit einem gesunden Maß an alles rangehen!
Soziale Medien sind egal
Abgesehen von Partybildern kann Social Media deine Jobsuche aber vor allem positiv beeinflussen! Gerade in hohen Positionen haben Xing, LinkedIn & Co. einen sehr hohen Stellenwert. Ein sehr großer Part in unseren Coachings richtet sich darauf, wie du dein Social Media Auftreten am besten gestaltest, um deine Karrierechancen zu verbessern.
Wenn du dazu mehr wissen möchtest, dann schreib uns einfach für einen kostenlosen und unverbindlichen Kennenlern-Call und wir schauen, was wir für dich tun können.
Trotz allem, hängt aber natürlich auch dieser Bewerbungsmythos von deinem Job ab. Wenn du Investmentbankerin, Vertriebler oder KOL-Manager bist, dann ist LinkedIn ein Pflichtprogramm für dich, um dich auszutauschen und wichtige Kontakte zu knüpfen. Bewirbst du dich allerdings als Krankenschwester, dann sind deine Soft Skills, wie Empathie und Belastbarkeit viel relevanter als ein großes Netzwerk.
Überlege also, wie wichtig ein Auftritt in den sozialen Medien ist und, wie viel Zeit du dafür investieren willst. Gerade im Wirtschaftsbereich kannst du schließlich auch durch dein Netzwerk von Headhuntern gefunden werden und so von Jobs erfahren, die du allein nie gefunden hättest. Im Großen und Ganzen ist Social Media also eher eine Chance als ein Hindernis.
Bewerbungsmythos 2: Selbstbewusstsein wirkt schnell arrogant
Auch dieser Satz ist schlecht formuliert, wenn man ihn ohne Erläuterung stehen lässt. Besser wäre es, zu sagen: Der Grad zwischen Selbstbewusstsein und Arroganz ist sehr schmal. Unsere Coachees fragen uns oft „Wie schaffe ich es, nicht arrogant zu wirken und mich trotzdem nicht unter Wert zu verkaufen?“
Vieles hängt dabei vom Selbstmarketing ab. Dabei verkaufst du dich selbst als ein Produkt, das einen gerechtfertigten Wert hat. Wichtig ist, dass du deine Erfolge belegen kannst. In der Bewerbung schreibst du nicht „Ich war der/die Beste der Abteilung.“ Das würde nämlich arrogant klingen, selbst, wenn es stimmt. Der Ton macht die Musik!
Schreibe lieber „Für meine herausragenden Leistungen habe ich eine einmalige Bonuszahlung erhalten.“ In den Anlagen fügst du dann den Nachweis dafür ein. So wissen die Personaler, dass du nicht einfach extrem überzeugt von dir selbst und im Zweifel sogar ein bisschen größenwahnsinnig geworden bist. Stattdessen sehen sie, dass außenstehende Personen genau die gleiche positive Meinung über dich haben, wie du selbst.
Der entscheidende Punkt ist, dass du dem Unternehmen klar machen musst, welchen Mehrwert du für sie hast. Deshalb ist es völlig okay und sogar wichtig, dass du Erfolge präsentierst und, dass du nicht nur dein eigenes Ego künstlich pushen möchtest.
Bewerbungsmythos 3: Viele Jobwechsel wirken schnell negativ
Auch hier kommt es wieder ganz auf die Situation an und die Aussage ist nur halb wahr. Es stimmt zwar, dass du häufige Jobwechsel in einem Bewerbungsgespräch erklären solltest, aber manchmal gibt es schließlich gute(!) Erklärungen.
Für Personaler ist vor allem relevant, dass sie das Gefühl bekommen, dass du gute berufliche und soziale Kompetenzen hast und ins Team passt. Richte deine Erläuterung also darauf aus, dass das Bauchgefühl deines Gegenübers positives Feedback gibt.
Häufige Jobwechsel sind weniger ein Problem, wenn…
Häufige Jobwechseln können ein größeres Problem darstellen, wenn…
FAZIT: Wir wollen verhindern, dass deine beruflichen Veränderungen zufällig oder willkürlich wirken. Viel mehr sollte ein roter Faden erkennbar sein, der einem von außen nachvollziehbaren Plan folgt.
Du siehst also, es gibt viel mehr gute Gründe für einen häufigen Jobwechsel als schlechte. Die Kollegen von der Karrierebibel zeigen dir außerdem, wie du in der Bewerbung am besten mit Jobhopping umgehen solltest.
Mach dir also nicht all zu viele Sorgen darum und denke vor allem immer an den Satz „Ehrlich währt am längsten!“ Wenn du offen und ehrlich bist, werden die Personaler das schätzen.
Bewerbungsmythos 4: Hobbys sind uninteressant vs. Es gibt gute & weniger gute Hobbys
Hobbys sind ganz und gar nicht uninteressant. Dieser Bewerbungsmythos ist schlichtweg falsch. Du bist nicht verpflichtet, sie anzugeben und niemand würde dich vor dem Gespräch aussortieren, weil diese Angabe fehlt. Fest steht aber, dass Personaler sehr gerne mehr von dir erfahren und deine Hobbys auch aufschlussreich sein können.
Sie können zum Beispiel deutlich machen, dass du im Privatleben zum Beruf passende Kompetenzen hast. Auch Soft Skills lassen sich durch Hobbys zusätzlich bekräftigen. Besonders ehrenamtliche Tätigkeiten kommen natürlich sehr gut an. Wichtig ist auch hier, dass deine Angaben stimmen, weil du im Bewerbungsgespräch darauf angesprochen werden könntest.
Die Annahme, dass es gute und weniger gute Hobbys gibt, ist allerdings wahr. Welche Hobbys dabei gut ankommen und welche du lieber unerwähnt lassen solltest, hängt von deiner Jobwahl ab. Wir haben dir ein paar bei Personalern beliebte und ein paar weniger geschätzte Hobbys aufgelistet:
Beliebte Hobbys sind:
Welche Hobbys du lieber unerwähnt lassen solltest:
Zum Schluss noch ein Tipp: Überlade deinen Lebenslauf nicht mit allen 15 Sachen, die du in deiner Freizeit machst. Suche gezielt aus, was interessant ist und passend wirkt. Dann reichen 3-4 Hobbys meistens aus.
Bewerbungsmythos 5: Das Anschreiben ist wichtiger als der Lebenslauf
Auch dieser Bewerbungsmythos ist wieder viel zu pauschal formuliert. Es kommt natürlich auch darauf an, was denn so in deinem Lebenslauf drinsteht, wie viel Erfahrung du schon hast und worauf du dich bewerben willst. An irgendeinem Punkt deiner Bewerbung musst du dich selbst präsentieren. Dem einen fällt es leichter, das über Storytelling im Anschreiben zu machen. Die andere findet es einfacher, ihre Erfolge im Lebenslauf unter den Stellenbeschreibungen aufzuzählen. Wichtig ist, dass sie überhaupt vorkommen!
Es kann durchaus einmal sein, dass dein Lebenslauf so perfekt in die Vorstellung des Unternehmens passt, dass sie dein Anschreiben nicht mehr aufmerksam lesen. So etwas passiert auch öfter in Bereichen mit großem Fachkräftemangel, wie bei Programmierern oder Ingenieuren.
Auch Azubis haben öfter das Glück, dass das Anschreiben weniger beachtet wird, vermutlich auch, weil sie noch nicht so viel Erfahrung haben. Aber das passiert natürlich nicht immer! Und das Gegenteil kann auch der Fall sein. Wenn du dich zum Beispiel neu orientieren möchtest oder du erst wenige Jahre im Berufsleben bist. Dein Lebenslauf ist in solchen Fällen oftmals nicht aussagekräftig genug für die neue Stelle. Dann kommt es genau auf das Anschreiben an. Hier kannst du erklären, warum sie gerade dich nehmen sollten und eben nicht jemanden, der 20 Jahre in diesem Beruf ist.
Allgemein lässt sich zusammenfassen: Gib einfach in allen Teilen der Bewerbung dein Bestes! Wenn einer der Teile schon ausreicht zum Überzeugen, hast du Glück. Aber darauf solltest du dich nicht ausruhen. Wie wir schon weiter oben gesagt haben: Wir bewerben uns zu selten, um es richtig gut zu machen, aber es ist zu wichtig, um es schlecht zu machen.
Bewerbungsmythos 6.: Du hast keine Chance, wenn du nicht alle Anforderungen erfüllst
Wir haben sehr viele ehemalige Coachees, die dir das Gegenteil bestätigen können. In jeder Stellenausschreibung gibt es so genannte Muss- und Soll-Kriterien. Muss-Kriterien sind wie der Name schon sagt, unbedingt zu erfüllen. Wenn du dich als Bankkauffrau bewirbst und keine Ausbildung in dem Bereich hast, dann hast du logischerweise keine Chance. Soll-Kriterien sind oft mit Begriffen wie „wünschenswert“ gekennzeichnet und sind keine Pflicht. Du solltest aber zumindest einige der Soll-Kriterien erfüllen.
In vielen Fällen ist eine Stellenanzeige in zwei Bereiche unterteilt. Einmal deine Aufgaben und dann die Anforderungen an deine Fähigkeiten, Dein Profil oder „Persönlich wünschen wir uns…“.
Welche Anforderungen sind wichtig?
Bei den Aufgaben musst du noch nicht alles genau so schon einmal gemacht haben, aber du solltest vergleichbare Tätigkeiten gemacht haben und dich soweit auskennen, dass du in kürzerer Zeit eingearbeitet werden kannst und man nicht bei 0 anfängt. Die meisten dieser Anforderungen sind Soll-Anforderungen. Ausnahmen sind zum Beispiel, wenn du als Übersetzerin arbeiten willst und eine Aufgabe lautet: Korrespondenz in der Zielsprache. Das ist offensichtlich ein Muss.
Die Anforderungen an deine Fähigkeiten, also Ausbildung und Studium sind in der Regel Muss-Kriterien. Hin und wieder findet man aber auch den Zusatz „Eine Ausbildung wäre wünschenswert, wir sind aber auch offen für Quereinsteiger.“ In so einem Fall ist besonders wichtig, dass du viele andere Fähigkeiten mitbringst, damit du deine Wissenslücken etwas ausgleichen kannst.
In den Wünschen an dein Profil findest du meist noch einige „Verstecke Kriterien“, hauptsächlich Soft Skills. Diese kannst du aber mit Storytelling sehr gut belegen. Du kannst zum Beispiel von einer Situation erzählen, in der ihr als Team gemeinsam eine schwierige Situation gelöst habt, die zu einer der genannten Aufgaben aus der Stellenanzeige passt. Dadurch zeigst du gleichzeitig, dass du die Aufgabe lösen kannst und, dass du teamfähig bist.
Das Ampel-System
Für die Stellenanalyse benutzen wir in unseren Coachings immer das Ampel-System. Dabei sollen unsere Coachees eigenständig die Stellenanzeige, die sie interessant finden, analysieren.
Sortiere erst einmal alle Kriterien, die du finden kannst in die oben genannten Gruppen ein. Dann fängst du an zu markieren. Welche Kriterien erfüllst du komplett? Markiere sie grün.
Alles, was du schon mal irgendwie gemacht hast oder wobei du zumindest grundlegend Ahnung hast, markierst du gelb. Hier hilft meist eine Auffrischung oder eine kurze interne Weiterbildung.
Alles, was du gar nicht vorweisen kannst, wird rot markiert. Hier sollten nicht mehr als zwei Soll-Kriterien und im besten Falle gar kein Muss-Kriterium dabei sein, sonst wird es eng. Bei rot markierten Kriterien solltest du versuchen zuerst eine Weiterbildung oder einen Kurs zu machen, damit du besser vorbereitet ist.
Bewerbungsmythos 7: Bei der Gehaltsverhandlung lieber zu niedrig als zu hoch pokern!
Nein. Einfach nein. Dieser Bewerbungsmythos ist komplett falsch. Viele Menschen, gerade junge Leute, die das erste Mal eine Gehaltsverhandlung führen, haben Angst davor. Dabei musst du im Hinterkopf behalten: Es ist deine Zeit und deine Arbeit, die du hier verkaufst! Und die hat ihren Wert. Oft fühlen wir uns besser, wenn wir in der Verkaufs-Position sind. Zum Beispiel, wenn wir auf einem Flohmarkt alte Dinge verkaufen. Wir haben eine Preisvorstellung. Manchmal lassen wir uns etwas runterhandeln, aber wir verkaufen unsere Sachen nicht unter Wert. Warum geht das mit einer alten Lampe, aber nicht mit unseren Fähigkeiten im Beruf?
Versuche mal die Begriffe Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu tauschen. Du gibst deine Arbeit her, die andere Person kauft deine Arbeit ein. Gib deshalb einen Gehaltswunsch an, der etwas höher ist als dein eigentlicher Wunsch ohne, dass er dabei übertrieben oder sogar unverschämt wird.
Nutze einen Gehaltsrechner oder recherchiere im Internet, was andere Leute in deiner Position verdienen. Du kannst auch Personaler von anderen Unternehmen direkt anschreiben, wenn du zum Beispiel über LinkedIn zu ihnen Kontakt hast. Eine zu niedrig angesetzte Gehaltsvorstellung kann die Wirkung haben, dass du unvorbereitet wirkst oder noch schlimmer, dass du dein Eindruck vermittelst, dass deine Fähigkeiten nicht ausreichen für die Stelle. Ein paar zusätzliche Tipps für mehr Verhandlungsgeschick findest du hier.
Bonustipp
Gib außerdem eine ungerade Zahl an. Wenn dich der Personaler runterhandeln möchte, dann tut er das entweder um die nächsten Hunderter oder um die nächsten Tausender. Wenn deine Gehaltsvorstellung also bei 67.000€ liegt, dann wird der Personaler eher versuchen dich auf 65.000€ runterzuhandeln. Gibst du aber 67.854€ an, werdet ihr euch bei 67.000€ glatt treffen. Er wird das gute Gefühl haben, dich nach unten gehandelt zu haben und du hast das, was du wolltest. Win-Win!