Perfektionismus - Wie du ihn ablegen kannst!
Perfektionismus und Leistungsdruck kennen wir wohl alle aus irgendeiner Lage unseres Lebens. Ob das im Privatleben, bei einem Sportwettkampf oder der Bachelorarbeit ist, ist komplett individuell. Trotzdem hat Perfektionismus oft einen schlechten Ruf und viele Menschen wollen ihn verzweifelt ablegen.
Gibt es gute Formen des Perfektionismus und wieso kann übertriebener Perfektionismus eigentlich so schädlich für uns sein? Das wollen wir in diesem Artikel klären und dir am Ende noch 5 Tipps geben, wie du deinen Perfektionismus unter Kontrolle bekommst und dadurch lernen kannst, freier zu leben.
Wie äußert sich Perfektionismus im Alltag?
Wir alle kennen perfektionistisches Verhalten, das haben wir bereits festgestellt. Es äußert sich natürlich bei jedem Menschen unterschiedlich. Aber wie erkennst du als außenstehende Person oder auch persönlich bei dir, wann ein Verhalten perfektionistisch ist? Es gibt viele kleine bis größere Merkmale, auf die du achten solltest.
All sowas kann Anzeichen sein, dass du es mit guter Leistung ganz genau nimmst. Und in vielen Lebenssituationen ist das auch gar nicht so verkehrt, wenn man sich dabei eben nicht kaputt macht und der Perfektionismus überhandnimmt.
Sportler und Sportlerinnen, die den Sport hauptberuflich machen, sind oft perfektionistisch, wenn es um ihre sportliche Leistung geht. Solange sich das nicht negativ auf ihre Gesundheit oder ihr Privatleben auswirkt ist das meist kein Problem. Sollte das der Fall sein, so müssen Prioritäten gesetzt werden.
Ebenso können sehr ambitionierte Studierende während einer Klausurphase einen echten Perfektionismus entwickeln und durch die Motivation bessere Noten schreiben. Guter Perfektionismus fällt im Alltag meistens gar nicht so stark auf, wie schlechter. Aber wie unterscheidet man da überhaupt?
Der Unterschied zwischen gutem und schädlichem Perfektionismus
Guter Perfektionismus ist wie oben schon beschrieben gar nicht so wirklich ein Problem und fällt im Alltag selten auf. Wir nennen ihn Motivation, Ehrgeiz oder Zielstrebigkeit und meistens beschränkt sich dieses Verhalten auch nur auf einige wenige Bereiche unseres Lebens. Diese Phasen kommen und gehen und beeinflussen deine Gefühle meistens nicht nachhaltig.
Wenn du sehr ehrgeizig an ein Sportziel oder ein Projekt an der Arbeit gegangen bist und es dann erfolgreich verlief, dann fühlst du dich stolz und kannst deinen Erfolg auch wahrnehmen. Dein Umfeld macht dir Komplimente oder dein Chef lobt dich. Das fühlt sich gut an und gibt dir die Motivation, die nächsten Projekte wieder erfolgreich zu meistern.
Es setzt dich jedoch nicht unter Druck, ab jetzt immer 100% der Leistung zu erbringen und alle zu übertreffen. Erlebst du mal einen kleinen Rückschlag und etwas funktioniert nicht so, wie du es dir vorgestellt hast, kannst du die Situation reflektieren und damit umgehen.
Wann Perfektionismus schädlich wird
Kommst du jedoch an den Punkt, an dem nichts mehr gut genug für dich selbst ist, dann hast du ein Problem. Menschen, die immer nur Top-Leistungen erbringen wollen und sich schnell als Versager fühlen, wenn sie diese nicht erreichen leiden an ihrem ungesunden Perfektionismus. Du hast ständig das Gefühl, noch mehr machen zu müssen und die Anerkennung der anderen nicht zu verdienen. Entweder kannst du das Lob nicht annehmen oder du fühlst dich sogar provoziert, es noch besser zu machen. Das hat nichts mehr mit Motivation zutun.
Jedes „Nicht-erreichen“ eines hohen Ziels fühlt sich so an, als hättest du einen gravierenden Fehler gemacht. Wenn du ein Projekt komplett ordentlich am Abgabetag fertig stellst, dann fragst du dich nur, warum du es nicht zwei Wochen eher fertig hattest. Du erreichst ein Umsatzplus von 20% und alles was dir in den Kopf kommt, ist, dass du auch 25% hättest erreichen können.
Echte Fehler oder Kritik werden somit beinahe unerträglich. Dein Selbstwertgefühl hängt grundsätzlich davon ab, was du geleistet hast und Misserfolge wiegen meist mindestens doppelt so schwer wie Erfolge. Da wieder rauszukommen, ist oft gar nicht so einfach. Wenn wir uns allerdings anschauen, welche Auswirkungen Perfektionismus auf dein Leben, deine Gesundheit und deine Beziehungen zu Anderen haben kann, dann wird schnell deutlich, dass du etwas gegen deinen zu starken Perfektionismus tun solltest.
Welche Auswirkungen hat schlechter Perfektionismus?
Perfektionismus in einer besonders starken Form ist zwanghaft und kann dein ganzes Leben beeinflussen. Deshalb musst du besonders vorsichtig sein und solltest daran arbeiten, mehr Kontrolle abzugeben, stärker zu vertrauen und besser zu delegieren. Ansonsten können viele Bereiche deines Lebens betroffen sein:
Auswirkungen auf die Psyche
Dein psychisches Empfinden leidet natürlich zuallererst. Viele Menschen, die zu Perfektionismus neigen, neigen auch zu narzisstischen Zügen. Nichts und niemand ist ihnen gut genug. Diese Kombination ist sehr gefährlich und kann dich auf lange Sicht sehr krank machen.
Besonders Suchterkrankungen, wie Essstörungen und Alkoholmissbrauch können folgen sein. Aber auch Angststörungen und Depressionen spielen häufig mit Perfektionismus zusammen. Wenn du dich in einer solchen Lage befindest, dann solltest du dir in jedem Fall psychologische und medizinische Hilfe suchen und dich an enge Vertraute wenden.
Auswirkungen auf deinen Körper
Nicht nur deine Psyche, sondern auch der Rest deines Körpers wird unter den Auswirkungen von Perfektionismus leiden. Wir haben dir eine Liste möglicher körperlicher Symptome zusammengestellt, die dich hellhörig werden lassen sollten:
Zitat
Die Krankheit unserer Zeit ist der Perfektionismus.
- Konrad Adenauer
Auswirkungen auf deine Arbeit
Auch wenn sich alle Führungskräfte motivierte Mitarbeitende wünschen, bringt es ihnen nichts, wenn du in Perfektionismus verfällst. Nichts ist mehr gut genug für dich, du willst immer der Beste oder die Schnellste sein und nimmst außer dem Leistungsdruck nichts anderes mehr wahr.
Andererseits kann dein Perfektionismus in Kombination mit einer Angststörung auch dazu führen, dass du gar keine neuen Aufgaben mehr annehmen willst aus Angst, dass du sowieso scheiterst. Darunter leidet nicht nur das Verhältnis zu deinen Mitarbeitenden. Es kann auch dazu führen, dass du entweder ein Workaholic wirst oder ein Burnout bekommst. In beiden Fällen kannst du über kurz oder lang nicht mehr arbeiten und deine Führungskraft muss ohne dich klarkommen. Das hilft weder dir noch deinem Team.
Auswirkungen auf dein Umfeld
Wenn du andauernd nur arbeitest und alles perfekt machen willst, wirkt sich das zwangsläufig auch auf dein Umfeld aus. Selbst deine Geburtstagsparty muss ins letzte Detail geplant sein und du bist den ganzen Abend so damit beschäftigt, sicher zu gehen, dass alle Spaß haben, dass du den Abend selbst gar nicht genießen kannst. Dafür haben manche Leute kein Verständnis oder es wird ihnen zu anstrengend. Das kann sehr einsam machen. Sprich deinen Schwachpunkt also offen an, auch wenn es sehr schwierig für dich ist. Nur so kann dein Umfeld dir helfen.
5 Tipps, wie du es schaffst, deinen Perfektionismus abzulegen
Im Folgenden wollen wir dir nun 5 Tipps an die Hand geben, wie du deinen Perfektionismus in ersten Schritten ablegen kannst. Wie oben bereits erwähnt, helfen dir diese Tipps aber nicht, wenn du größere psychische oder körperliche Leiden hast. Dann solltest du dir definitiv professionelle und individuelle Beratung suchen.
Abschalten und loslassen!
Das ist einfacher gesagt als getan - das wissen wir. Trotzdem ist es wichtig, dass du dir hin und wieder Ruhepausen gönnst. Versuche, dir immer wieder Zeiten freizuhalten, in denen du nicht an die Arbeit oder andere Verpflichtungen denkst. Mach dein Handy einfach mal aus und genieße die Zeit an der frischen Luft. Oder verbringe einen ungezwungenen Abend mit deinen Lieben, bei dem ihr möglichst nicht über berufliche Themen sprecht. Auch Meditation kann dir helfen, Entspannungsinseln im Alltag zu schaffen und einmal für gewisse Zeit an nichts zu denken. Versuch es doch mal!
Fehler sind menschlich!
Auch das ist etwas, das perfektionistische Menschen anders sehen. Fehler dürfen unter keinen Umständen passieren. Du kannst Fehler machen aber tatsächlich üben. An kleinen Punkten, wo es nicht so schlimm ist. Das kann zum Beispiel sein, dass du nicht extra aufräumst, bevor du Besuch bekommst, oder du dir, statt Sport zu machen eine Pizza gönnst. Ärgere deinen Perfektionismus so oft wie du kannst, indem du genau das Gegenteil von dem machst, was er von dir will. Wenn dir dann mal unabsichtlich ein Fehler passiert, dann ist das nach und nach immer weniger schlimm.
Setz dir erreichbare Ziele mit der 80% Regel.
Dein Schreibtisch ist übervoll mit To-Do-Listen und Abgabefristen und allem, was du unbedingt und am besten sofort erledigen musst. Kein Wunder, dass dein Kopf irgendwann zumacht. Versuche es daher mit kleineren Aufgaben und der 80% Regel. Wenn 10 Dinge auf deiner Liste stehen, dann suchst du dir ganz bewusst 2 Dinge aus, die du einfach nicht machst. Das sollte natürlich eher etwas weniger Wichtiges sein.
Da aber vermutlich alles sehr wichtig für dich erscheint, ist es deine erste Aufgabe Prioritäten zu setzen. Entscheide, was für dich und dein Umfeld am wichtigsten ist und lagere andere Aufgaben aus oder mache sie gar nicht. Wenn du für den Einkauf zuständig wärst, dann sage deiner Partnerin oder deinem Partner einfach „Du musst heute einkaufen, ich schaffe das nicht. Oder wir müssen etwas bestellen.“ Mit der Zeit wirst du merken, dass es gar nicht so schlimm ist, manches einfach mal nicht oder erst später zu schaffen.
Lerne, mit Misserfolgen und Kritik gesund umzugehen.
Kritik kann weh tun - das wissen wir alle. Aber nur in den seltensten Fällen ist sie persönlich gemeint. Versuche daher bei Kritik und Misserfolgen zu verstehen, woher sie kommen und was du daraus lernen kannst, anstatt dich selbst völlig fertig zu machen. Außerdem kannst du dich damit auseinander setzen, wie du besser Feedback geben und annehmen kannst.
Kontrolliere deine Gedanken statt immer nur dein Handeln.
Oftmals entwickeln wir so genannte „Soll“- und „Muss“-Gedanken. Das sind Dinge, die wir erledigen sollten oder auch Dinge, die wir auf jeden Fall erledigen müssen. Bei perfektionistischen Menschen werden plötzlich alle „Soll“-Aufgaben zu „Muss“-Aufgaben. Hör also auf, immer nur über dein Handeln zu meckern und dir immer mehr Dinge auf deine To-Do-Liste zu schreiben. Versuche stattdessen mehr Dinge von deiner Muss-Liste auf deine Soll-Liste zu packen und wenn du davon etwas nicht schaffst, dann ist das wirklich nicht schlimm.