Arbeitszeugnis – Wie du zwischen den Zeilen liest
Das Arbeitszeugnis ist für viele Angestellte noch immer ein Buch mit 7 Siegeln. Was sollte in deinem Zeugnis stehen? Was bedeuten gewisse Formulierungen und welche sind vielleicht gar nicht erlaubt? Achtet mein neuer Arbeitgeber überhaupt darauf? Immer wieder erleben wir, dass Coachees die Bedeutung eines guten Arbeitszeugnisses unterschätzen. Deshalb wollen wir ein wenig aufklären, damit du das bestmögliche Arbeitszeugnis bekommst und sich deine Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern.
Steht dir ein Arbeitszeugnis zu?
Die kurze Antwort lautet: Ja! Die ausführliche Antwort ist, dass es dir sogar rechtlich zusteht. Daher fragen auch potentielle, neue Arbeitgeber nach deinen Arbeitszeugnissen und es macht schnell einen negativen Eindruck, wenn du keines vorweisen kannst.
Am besten solltest du dir das Arbeitszeugnis natürlich zum Ende deiner Anstellung ausstellen lassen. Du hast aber tatsächlich gesetzlich bis drei Jahre nach Ende der Anstellung Anspruch darauf und kannst es auch nachträglich anfordern.
Dabei wird zwischen drei verschiedenen Arten unterschieden. Es gibt ein einfaches Arbeitszeugnis, das lediglich die wichtigsten Informationen deiner Stelle zusammenfasst. Dieses Arbeitszeugnis dient eher als Bescheinigung darüber, dass du angestellt bist oder warst.
Das qualifizierte Arbeitszeugnis ist das, was man in der Regel kennt. Deine Aufgaben werden detailliert beschrieben und deine Fähigkeiten herausgestellt. Außerdem wird auf dein Sozialverhalten und deine Arbeitsweise eingegangen. Der Umfang beträgt je nach Länge deiner Anstellung meist eine bis drei Seiten.
Zuletzt gibt es das Zwischenzeugnis. Auch hierauf hast du Anspruch, wenn es berechtigte Gründe gibt. Viele haben Angst, dass der Wunsch nach einem Zwischenzeugnis so wirkt, als würdest du das Unternehmen verlassen wollen. Deshalb suche dir nachvollziehbare Gründe, die von dir unabhängig sind und die eher in deiner Situation liegen:
Was ist ein Muss, was ist ein No-Go?
Diese Dinge sollten in deinem Arbeitszeugnis stehen
Damit dein Arbeitszeugnis seriös wirkt, ist es wichtig, dass es einige Kriterien erfüllt. Überprüfe deshalb, ob es die passende Überschrift trägt und alle persönlichen Angaben, wie dein Name und dein Geburtsdatum richtig angegeben sind. Außerdem sollte genau angegeben sein, von wann bis wann deine Anstellung ging und auch Ort und Datum der Zeugnisausstellung dürfen nicht fehlen. Zuletzt sollte das Zeugnis natürlich von deiner Führungskraft oder einer relevanten Person, zum Beispiel der Abteilungsleitung unterschrieben werden. Hier passieren Fehler öfter, als du vielleicht denken würdest.
Nun kommen wir zum wichtigsten Teil, dem Inhalt. Hier solltest du genau hinschauen. Um sowohl erkennen zu können, was so nicht in deinem Arbeitszeugnis stehen darf und welche Note es ergeben würde, geben wir dir im Folgenden noch wichtige Tipps. Unabhängig davon müssen all deine Aufgaben vollständig und korrekt angegeben werden. Falls deine Führungskraft vielleicht gar nicht so genau weiß, wofür du alles zuständig bist, mache ihr vorher eine Liste, damit später nichts fehlt.
Das Arbeitszeugnis sollte auch auf deine Fähigkeiten, deine Talente und besonderen Leistungen eingehen. Besonders die Fachkompetenz darf hier nicht zu kurz kommen. Wenn deine Führungskraft nur deine Softskills beschreibt, wirkt das im ersten Moment vielleicht sympathisch, lässt aber vermuten, dass du nicht so kompetent bist. Auch die Würdigung besonderer Erfolge wirken auf einen neuen Arbeitgeber sehr überzeugend.
Zuletzt sollte die Schlussformulierung sympathisch sein. Wenn ihr euch nicht im Schlechten trennt, dann gehört es zum guten Ton, dass deine Führungskraft ihr Bedauern darüber äußert, dass du weggehst, sich für die Zeit bedankt und dir alles Gute wünscht.
Diese Dinge dürfen rechtlich nicht in ein Arbeitszeugnis
Genauso, wie es in Bewerbungsgesprächen Fragen gibt, die nicht gestellt werden dürfen, gibt es auch Dinge, die nicht im Arbeitszeugnis stehen dürfen. Das wissen die meisten Arbeitgeber natürlich, es ist aber gut, wenn du es auch weißt. Zu folgenden Themen darf rechtlich nichts in deinem Arbeitszeugnis stehen:
Mehr Infos zu den rechtlichen Grundlagen und auch dazugehörigen Fällen findest du hier. Dort haben wir auch noch ein paar Beispiele her, die zweideutig und deshalb auch verboten sind. Bestimmte Schlüsselbegriffe sind eindeutige Anzeichen für Themen, die nicht beschrieben werden dürfen:
Wie du zwischen den Zeilen liest
Arbeitgeber versuchen immer wieder über bestimmte Formulierungen heimlich Infos an zukünftige Arbeitgeber zu vermitteln, ohne dass es auffällt. Gerade haben wir ja schon festgestellt, welche Phrasen verboten sind. Du solltest jedoch auch bei anderen Formulierungen hellhörig werden und lernen, zwischen den Zeilen zu lesen. Hier wollen wir dir ein paar Beispiele geben für Sätze, die zwar sehr wohlwollend klingen, aber einen ganz anderen Eindruck vermitteln sollen:
Eine Notenübersicht
Hier wollen wir dir einige Formulierungen zeigen, die den jeweiligen Schulnoten zugeordnet werden können. So kann dein zukünftiger Arbeitgeber aus den Sätzen herauslesen, wie gut du für die jeweiligen Aufgaben geeignet zu sein scheinst.
Note 1: Hier wird gerne eine Form der Superlative verwendet. Du hast die Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit erfüllt und hattest herausragende oder äußerst erfolgreiche Ergebnisse. Dabei wird betont, dass du stets, immer oder konsequent diese Ergebnisse geliefert hast.
Note 2: Hier fällt der Superlativ weg. Immer und stets werden zwar weiter betont, deine Fähigkeiten werden aber als gut, einwandfrei oder immer zur vollen Zufriedenheit beschrieben.
Note 3: Hier werden die beschreibenden Adjektive weniger. Du zeigst Fähigkeiten und Engagement, entsprichst den Erwartungen in jeder Hinsicht (übertriffst sie aber nicht) und führst deine Aufgaben gewissenhaft aus.
Note 4: Du entsprichst den Erwartungen und Anforderungen und bringst die erforderlichen Kompetenzen mit. Hier merkt man wie unterbewusst das Wort „ausreichend“ mitschwingt. Auch Begriffe wie Sorgfalt oder Sicherheit beschreiben, wie viel Mühe du dir gibst auch, wenn deine Leistungen nicht super sind.
Note 5: Im Fokus steht vor allem, dass du im Gegensatz zu oben nicht immer, sondern meistens, in der Regel oder im Allgemeinen deine Aufgaben erfüllen kannst. Du hast die nötigen Fähigkeiten und erledigst Aufgaben mit Unterstützung.
Note 6: Diese Note klingt schon fast nach „Teilnehmerurkunde“ bei den Bundesjugendspielen. Du warst stets bemüht, hast nach Möglichkeit versucht, deine Aufgaben auszuführen oder hast unter Anleitung eine Aufgabe erfüllen können.
Fazit: Schreib dein Arbeitszeugnis selbst
Diesen Tipp geben wir auch unseren Coachees immer wieder. Viele Vorgesetzte sind damit einverstanden, wenn du dein Arbeitszeugnis selbst formulierst und sie es gegenlesen und gegebenenfalls bearbeiten oder auch nur unterschreiben. Rechtlich darfst du das Zeugnis auch selbst schreiben, solange deine Führungskraft es letztlich unterschreibt.
Der Vorteil davon ist, dass du vermutlich am besten weißt, was du genau gemacht hast und welche Kompetenzen besonders betont werden sollen. Vor allem, wenn du schon eine neue Stelle in Aussicht hast, kannst du deine Formulierungen an die neue Stellenanforderung anpassen. Wir helfen dir gerne dabei im Bewerbungscoaching.